PRESSEPORTRAITS ZU PROF. HEINZ LOHMANN
PRESSEPORTRAITS ZU DR. KONRAD RIPPMANN |
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Sammlergespräch mit Heinz Lohmann: „Kunst als Gastgeschenk“ Hans Braumüller: Mail Art 1992-2002, Æ 60, 2002, Holzschale mit Briefen, © Sammlung Lohmann, Foto: Falk von Traubenberg Heinz Lohmann ist Gesellschafter in mehreren Gesundheitsunternehmen, Professor, Autor und ein Fachmann im Gesundheitssektor. Seinem privaten Interesse an experimenteller Gegenwartskunst geht er seit 1969 zusammen mit seiner Frau im Rahmen einer gemeinsamen Sammlung nach. Seit 1994 ermöglichen Ulla und Heinz Lohmann in ihrem privaten Hamburger Ausstellungsraum C15 Einblicke in das Werk der von ihnen gesammelten Künstler und Künstlerinnen. Herr Lohmann, Sie sammeln seit 44 Jahren gemeinsam mit Ihrer Frau. Wie begann Ihre gemeinsame Leidenschaft und wie hat sie sich entwickelt? Meine Frau und ich sind sehr skeptisch und zurückhaltend, wenn uns etwas schnell anspricht. Vom Spektakulären ist man schnell angezogen. Wir schauen sehr genau hin und entscheiden uns doch meist für das eher Geheimnisvolle, Sperrigere, vielleicht auch für das etwas „Kopfige“. Zu Beginn meiner Sammlertätigkeit hatte ich beispielsweise die Wahl zwischen einer spektakulären Radierung János Nádasdys, die Toilettenkritzeleien in Druckgrafik umsetzte, und einer kleinen Grafik mit angedeutetem Himmel, Horizont und wenig Farbe. Zwar war die kleine Radierung auf den ersten Blick weniger zugänglich, ich habe mich dann aber doch für sie entschieden. Für uns ist es wichtig, sich mit den Hintergründen eines Künstlers oder einer Künstlerin auseinanderzusetzen – deswegen kaufen wir nie etwas beim ersten Kennenlernen. Uns bewegt, was die Kunstschaffenden bewegt. Fragen der Technik sind deshalb nebensächlich, da das Ausdrucksmittel nur ein Instrument ist, um einen Inhalt zu transportieren. So bestimmt der Inhalt das Ausdrucksmittel. Maria und Natalia Petschatnikov arbeiten mit Gemüsenetzen, die sie sich von Freunden aus der ganzen Welt schicken lassen und die sie dann zu riesigen efeugewächsartigen Gebilden zusammensetzen. Eine andere Technik wie etwa Zeichnung könnte diese Kunst nicht transportieren. Ebenso ist es bei der Arbeit von Klaus Geldmacher absolut notwendig, dass er mit Glühbirnen und Neonröhren arbeitet, weil er sich mit der Frage beschäftigt, wie man die Technik beherrschen kann. ![]() Maria und Natalia Petschatnikov: „Efeu“, 90 x 220 x 40, Objekt aus verschiedenfarbigen Gemüsenetzen und Plastiktüten, 2001, © Sammlung Lohmann, Foto: Falk von Traubenberg Sie sammeln nicht punktuell, sondern immer ein ganzes Werk. Warum? Wir sammeln Künstler und Künstlerinnen, die sich in ganz unterschiedlichen Formen mit dem Thema „Wandel und Veränderung“ auseinandersetzen. Das hat uns fasziniert, auch weil wir uns in unseren Berufs- und Lebenssituationen selbst mit Wandel beschäftigen mussten. Wir befassen uns sehr intensiv mit den Künstlern und Künstlerinnen: Wir besuchen ihre Ateliers, eröffnen Ausstellungen, schreiben Katalogbeiträge und fördern sie natürlich. Die Grundidee dahinter ist, diesen Wandel, mit dem sie sich auseinandersetzen, zu begleiten. Die Sammlung dokumentiert den jeweiligen Stand dieser Auseinandersetzung. Wo finden Sie die Kunst, die in Ihre Sammlung passt? Selten auf Messen – wir kaufen ja noch vor den Galerien. Natürlich werden einige der Künstler und Künstlerinnen, die wir vor 30 Jahren angefangen haben zu sammeln, inzwischen von Galerien vertreten, aber hauptsächlich spüren wir sie in ihren Ateliers und Ausstellungsräumen auf. Hamburg bietet da mit seinen Künstlerhäusern sehr spannende Orte. Sie haben mit Ihrer Sammlung den Begriff der „Change Art“ geprägt. Wie identifizieren sich die Künstler und Künstlerinnen damit? Manche finden sich darin wieder. Sie beschäftigen sich kritisch mit gesellschaftlichen Entwicklungen, nicht nur im Rahmen einer Analyse, sondern auch durch Aufzeigen von Perspektiven. Den Ansatz des Wandels verfolgen wir ungefähr seit den 1990er-Jahren. Kunstschaffende können sich ganz anders mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen als diejenigen, die eine Rolle in der freien Wirtschaft oder Politik spielen müssen. Bildende Kunst kann da sehr viel direkter, ja krasser sein. Das inspiriert mich auch dazu, in meinem professionellen Bereich Erkenntnisse und Positionen selbstbewusst zu vertreten. Ein Beispiel hierfür ist ein Projekt mit János Nádasdy, das durch das Kunstkabinett eines Unternehmens, in dem ich Vorstandsvorsitzender war, initiiert wurde. Nádasdy produzierte unter anderem künstlerische Protokolle seiner Krankenhausaufenthalte und wurde dann von einem Herzchirurgen eingeladen, bei einer Operation dabei zu sein. Die künstlerische Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Medizin ist ja eine sehr alte Tradition, wurde aber in den letzten 150 Jahren kaum praktiziert. Ich weiß noch, wie János Nádasdy nach seinem ersten OP-Tag schneeweiß zu uns kam und nach einem Schnaps verlangte – da wir keinen vorrätig hatten, hat es auch ein Wein getan. Danach war er noch öfters bei Operationen dabei und hat daraus eine Serie von 40 Arbeiten entwickelt: „Operation Herz“. Als diese ausgestellt wurden, waren einige Beschäftigte aus der herzchirurgischen Abteilung zu einem Preview eingeladen. Sie waren total entsetzt! Die Darstellungen seien viel zu spektakulär und blutig – was ihrer Ansicht nach in der Realität nicht der Fall sei. Aus der Diskrepanz zwischen diesem gänzlich anderen Erleben eines Laien, der von außen in einen geöffneten Brustkorb schauen durfte, und dem routinierten Blickwinkel der Spezialisten im Krankenhaus ist eine wahnsinnig spannende Diskussion entstanden: Wie ist die Sensibilität der anderen Position, die der Patienten, zu reflektieren und zu berücksichtigen? Obwohl die Ausstellungsbesucher das Gezeigte eigentlich gut kannten, hat die Sensibilität des Künstlers neue Horizonte eröffnet, wobei am Ende auch praktische Konsequenzen gezogen wurden. Wenn ich mich mit Kunst auseinandersetze, erlebe ich einen Teil meiner eigenen Realität neu. Ich denke, das empfinde nicht nur ich so. Als wir in einem Krankenhaus eine Lichtinstallation aus glühenden PET-Flaschen von Francesco Mariotti installierten, war meine Befürchtung, dass die Menschen im Krankenhaus sich beschweren würden, da es doch Wichtigeres gebe, in das man Geld investieren sollte. Doch interessanterweise meinten die Krankenschwestern, als wir die Installation abbauen wollten, dass es so wundervoll gewesen sei, morgens im Dunkeln von diesem schönen, funkelnden Feld begrüßt zu werden. In Ihrer Sammlung sind zu einem überproportional hohen Anteil Künstlerinnen vertreten. Achten Sie auf eine Frauenquote in Ihrer Sammlung? Wie in allen Bereichen der Gesellschaft nimmt auch im Kunstbetrieb die Anzahl der Frauen zu. Zwar wirkt sich das in den Institutionen heute noch nicht stark aus, doch die Tendenz bewegt sich eindeutig in diese Richtung. In unserer Sammlung ist dies schon viel mehr Realität geworden als in der etablierten Kunstszene, da wir sehr junge und experimentelle Kunst sammeln – und die Mehrzahl der Absolventen der Kunsthochschulen ist nun mal weiblich. Eine Frauenquote haben wir jedoch nicht. ![]() Heinz und Ulla Lohmann, © Sammlung Lohmann, Foto: Falk von Traubenberg Seit 1994 betreiben Sie zusammen mit Ihrer Frau den Ausstellungsraum C15. Wie würden Sie Ihr Konzept beschreiben? Unsere Idee war, Menschen aus unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen, die sonst nicht miteinander in Kontakt kommen, durch die Kunst zusammenzubringen. C15 gibt Künstlern und Künstlerinnen unserer Sammlung Raum, ihre aktuellen Werke zu präsentieren. Seit 17 Jahren organisieren wir pro Ausstellung drei Abende, zu denen wir nicht nur Menschen aus dem Kulturbereich, sondern ganz unterschiedliche Leute einladen. Einige Gäste kommen dann nicht wegen der Kunst, sondern weil sie uns persönlich kennen. Aber auch diese zunächst weniger interessierten Menschen werden dann in einer ungezwungenen Atmosphäre in Gespräche verwickelt, die sie dazu anregen, sich intensiver mit der Kunst auseinanderzusetzen. So kann Kunst einen Diskurs anstiften und persönlich bereichern. Einige der Gäste, die zu Anfang gar nichts damit anfangen konnten, haben dann ein ganz anderes Verhältnis zu Gegenwartskunst aufgebaut. Besonders freut mich natürlich, wenn am Ende des Abends jemand zu mir kommt und sagt, dass er gerade sein erstes Original erworben hat. So bringen wir, wenn wir selbst eingeladen sind, keine Blumen mit, sondern immer ein kleines Kunstwerk. Das ist ein kleiner Trick, der wie ein Appetizer funktioniert. Einen größeren Bereich Ihrer Sammlung nimmt die Mail Art ein. Wie sind Sie mit dieser Kunstform in Kontakt gekommen? Wir haben uns mit Mail Art auseinandergesetzt, weil Postkunst einen Aspekt in die Sammlung bringen konnte, den wir für außerordentlich wichtig halten. In unserer Sammlung ist beispielsweise Hans Braumüller mit mehreren Projekten vertreten. Wir haben uns mit dem sehr stark dialogischen Aspekt von Mail Art beschäftigt. Es gibt etwa 3000–4000 Mail-Künstler auf der Welt, die sich gegenseitig in große Projekte, die sie selbst entwickeln, einbeziehen. Ein Künstler oder eine Künstlerin produziert eine Vorlage, und diese wird in die Welt zu anderen Mail-Künstlern geschickt. Diese überarbeiten wiederum die Vorlage und schicken sie an den Absender zurück. Der Künstler oder die Künstlerin, die das initiiert hat, dokumentiert den Prozess und sendet den Teilnehmern einen Katalog zu. Das hat uns fasziniert, weil dort ein Austausch zwischen verschiedenen Kulturen stattfindet und die Möglichkeit besteht, an einem internationalen Projekt teilzunehmen. Heinz Lohmann, vielen Dank für das Gespräch. Das KUNST Magazin Sammlergespräch fand am 27.3. in der Bar Tausend in Berlin statt. Das Gespräch führte Radiomoderator, Kurator und Autor Jan Kage.
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Publiziert am 19. Juni 2013 von KUNST Magazin |
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Heinz Lohmann Gesundheitsmanager des Monats März 2012![]() Gesundheitsunternehmer, u.a. LOHMANN konzept GmbH, WISO HANSE management GmbH und Lohmann media.tv GmbH in Hamburg sowie agentur gesundheitswirtschaft GmbH in Wien; zuvor leitende Funktionen in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Sektor, davon über 30 Jahre in der Gesundheitswirtschaft; Professor an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Autor zahlreicher Publikationen; Vorsitzender der Initiative Gesundheitswirtschaft e.V.; Förderer und Sammler experimenteller Gegenwartskunst. Interview: 1. Was bedeutet Ihnen der Beruf? 2. Was ist Ihnen im Leben besonders wichtig? 3. Was ist das Besondere an LOHMANN konzept GmbH? 4. Was möchten Sie im Bereich Gesundheitswirtschaft Österreich verändern? 5. Wie wird sich die Gesundheitswirtschaft in den nächsten Jahren entwickeln? |
Gesundheitsmanager des Monats, www.wirmachengesundheit.at, August 2012 |
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Engagement ohne EitelkeitKunstsammler. Der Begriff weckt Assoziationen: Millionenvermögen, hochkarätige Berater, die auf Auktionen zocken, großzügige Leihgaben, Pläne zum Bau eigener Museen, die nicht nur die Kunst, sondern auch den Sammler feiern. In diesem Fall ist das ganz anders. Keine Millionen, keine hochdotierten Berater, dafür viel Gespür und beste Kontakte. „Wir sammeln Kunst und Künstler“, sagt der Hamburger Professor Heinz Lohmann, der gemeinsam mit seiner Frau Ulla eine bemerkenswerte Sammlung zeitgenössischer Kunst aufgebaut hat. Die Lohmanns leben mit ihrer Kunst, und sie sind mit vielen Künstlern befreundet. Der berufliche Alltag liegt Lichtjahre entfernt: Heinz Lohmann ist Gesundheitsunternehmer, einer der Vordenker des Wandels, der schon vor knapp zwei Jahrzehnten erkannt hatte, dass der Kostenfaktor Gesundheitswesen sich durchaus zum lukrativen Faktor Gesundheitswirtschaft würde umorganisieren lassen. Seither hat er geplant als Chef des Landesbetriebs Krankenhäuser in Hamburg und nach dessen Privatisierung als Berater und Planer, auch über die deutschen Grenzen hinaus. Aber nicht die Profession, der Umgang mit Kliniken, sondern die Kunst prägt die Räume des Lohmannschen Imperiums in Hamburg, nicht weit von der Alster entfernt. Leuchtende Objekte von Klaus Geldmacher und Francesco Mariotti (beide nahmen an der Documenta in Kassel teil), Installationen der Künstler-Zwillinge Maria und Natalia Petschatnikov, die aus banalen Dingen wie Obst- und Gemüsenetzen, Tüll, Wollfäden und Plastiktüten Gruppenbilder formen, Rauminstallationen von Sigrid Sandmann, die mit Mauersteinen Stadtgeschichte erzählen kann oder Gemälde von So -Ah Yim, deren künstlerische Welt durch das Quadrat bestimmt ist. Das alles war so gar nicht geplant, erzählt Heinz Lohmann, 1948 in Emden geboren. Nach dem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften wollte er eigentlich Journalist werden. Doch dann kam er zunächst in der Immobilienbranche an. Lohmann trat im Büro des Hamburger Architekten Martin Kirchner (1930-2003) an, dem es um mehr als nur das Bauen ging, der stets die Stadtplanung und soziale Aspekte in seine Projekte einbezog. Lohmann profilierte sich als Entwickler, der die Interessen von Bauherren, Nachbarn und Stadt kompatibel machte. Denn bekam er das Angebot, in die Pressestelle der Gesundheitsbehörde einzusteigen, das kam seinem Streben zu den Medien schon näher, war aber mit den Krankenhäusern, mit Bauproblemen und leeren Kassen ein ebenso sperriger wie problembeladener Bereich. Seine Freunde fragten: „Was willst du denn da?“ Er ging trotzdem, und von der Pressestelle in die neue Abteilung Sozial- und Gesundheitsplanung, und weil die Planungen so gut liefen, 1992 weiter in den Vorstand dessen Sprecher er fünf Jahre später wurde. Er sah über den Tellerrand, modernisierte, rationalisierte, holte sich Ideen in der Industrie, entwickelte Dienstleistungsprojekte und wetterte gegen staatliche Regulierungsmechanismen wie Budgets im Gesundheitswesen: „Stellen sie sich das für das Münchner Hofbräuhaus vor. Gäbe es dort Budgets, müsste man vor dem Ansturm der Japaner schließen.“ Seine Erfahrungen verbreitet Lohmann, inzwischen gefragter Berater in der freien Wirtschaft, auf Kongressen und in Büchern. Und er beteiligt sich an Start-ups in der Gesundheitswirtschaft. „Wir sind keine Finanziers, sondern Kompetenzinvestoren.“ Sagt der Mann, der immer in Bewegung ist und als gebürtiger Ostfriese Unmengen von Tee trinkt. Und immer liebevoll auf seine Bilder schaut. Und die Gesprächs- und Geschäftspartner tun das auch. Manche Bilder hängen dort über Jahre, dann kommt immer wieder Neues hinzu. Die Lohmanns sammeln nicht auf Repräsentation. Die Bestände sind vielmehr ein Porträt der Sammler, ihrer Interessen und Vorlieben – und ihrer Freundschaften mit Künstlern. Und alle diese Künstler sind Visionäre. Viele Aspekte zeigt das Sammlerpaar in der eigenen kleinen Galerie auf der Hamburger Uhlenhorst. Hier empfangen die Lohmanns andere Kunstfreunde, präsentieren stolz, was sie an neuen Talenten und Strömungen entdeckt haben, und was sie schon über Jahre verfolgen. Die Ausstellungsräume sind eigentlich eine kleine Wohnung, die immer wieder auch den Künstlern als Unterkunft dient. Und auch die treffen sich bei den Ausstellungen und pflegen die Kontakte. Dabei sind die Lohmanns Sammler aus Leidenschaft, nicht aus Gründen der Eitelkeit. Sie haben weder aktuelle noch zukünftige Werte im Blick. Und auch nicht das Museum der Zukunft. „Wir haben nicht das Ziel die Arbeiten geschlossen zu erhalten.“ Es geht um Kunst als Inspiration, als Kraftwerk für den Alltag. Nicht mehr und nicht weniger. |
Good-Stories.de, 4. Juni 2012, von Dr. Gisela Schütte |
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Checkliste zu Prof. Heinz LohmannDer Netzwerker Prof. Lohmann ist einer der zentralen Akteure der deutschen Gesundheitswirtschaft. Nach seinem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften war er über 30 Jahre in der Gesundheitswirtschaft tätig und ist heute als Geschäftsführender Gesellschafter der LOHMANN konzept GmbH sowie der WISO HANSE management GmbH selber „Gesundheitsunternehmer“. Als solcher ist er umtriebig: So ist er Vorsitzender der „Initiative Gesundheitswirtschaft e. V.“, Präsident des Gesundheitswirtschaftskongresses in Hamburg, des Österreichischen Gesundheitswirtschaftskongresses in Wien sowie wissenschaftlicher Leiter des Kongresses „Krankenhaus, Klinik, Rehabilitation“ des Hauptstadtkongresses in Berlin. Eine Leidenschaft gilt aber auch der Kunst. Er ist Sammler und Förderer der experimentellen Gegenwartskunst „Change art“. Ihr Idol als Jugendlicher Ein Buch, das Sie zu dem machte, der Sie jetzt sind … Sie haben heute Ihr Abi gemacht. Was würden Sie viel lieber werden wollen? Ihr Lieblingsort in Hamburg – warum? Wen würden Sie heute gern einmal treffen und mal ordentlich die Meinung sagen? Ihr größtes gesundheitliches Laster Ihr typisches Frühstück An einem Freitag Abend denke ich manchmal, die Akteure der Gesundheitswirtschaft sind alle …. Ihr Rat an die nächste Managergeneration Eine Buchempfehlung für Herrn Georg Baum (DKG) * www.c15-hamburg.de |
puls.b Magazin für die Akteure der Gesundheit Heft 4/2009 |
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Die Zukunft im BlickGeplant war seine Biografie völlig anders. Heinz Lohmann, 1948 in Emden geboren, hatte sehr genaue Vorstellungen von der Zeit nach dem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Die Selbstständigkeit war sein Ziel, und der Journalismus hatte es ihm angetan. Mit beidem wurde es lange nichts – glücklicherweise. Denn statt Karriere bei der Zeitung zu machen, wurde Lohmann einer der Vordenker des Wandels vom Gesundheitswesen hin zur Gesundheitswirtschaft. Die scheinbaren Stolpersteine auf dem ursprünglich geplanten Karriereweg stellten sich noch jedes Mal als wichtige Weichen auf dem Kurs zu den ursprünglichen Wunschvorstellungen heraus. In Hamburg lenkt er als Präsident den Gesundheitswirtschaftskongress.
Bauen als KarrieregrundsteinAuf dem Weg von der Universität in den Berufsalltag verschlug es Heinz Lohmann zunächst in die Immobilienbranche: Er heuerte im Büro des Hamburger Architekten Martin Kirchner (1930–2003) an, der stets mehr als Bauen im Sinn hatte und sowohl Stadtplanung als auch soziale Aspekte in die Projekte einbezog. Hier agierte Lohmann als Entwickler, der die Interessen von Bauherren, Nachbarn und Stadt austarierte. „Selbstständig“, dachte er, als er das Jobangebot bekam, „kann ich mich ja immer noch machen.“ Der Job in Kirchners Planungsgruppe, die scheinbare Gegensätze verknüpfte, kam seinem Naturell dann auch entgegen. Lohmann ist einer, der nicht in Schablonen agiert, sondern über Grenzen hinaus denkt.Ende der 70er-Jahre bekam er das Angebot, in die Pressestelle der Hamburger Gesundheitsbehörde einzusteigen – er hatte Medienerfahrung und kannte sich durch die Tätigkeit bei Martin Kirchner mit dem Bauen aus. Und zu bauen gab es bei den Hamburger Kliniken einiges. Weil er ja vom Journalismus geträumt hatte, nahm Lohmann das Angebot der Pressestelle an. Aber die Gesundheitsbehörde? Als seine Freunde von dem Angebot hörten, fragten sie: „Was willst du denn da?“ Verständlich, denn der Gesundheitssektor war damals eine höchst bürokratische Angelegenheit mit wachsenden Finanzproblemen.
Mehr Produktivität in der Klinik1982 überführte die Hansestadt Hamburg – in der Hoffnung auf einen reibungsloseren und kostengünstigeren Betrieb – ihre kommunalen Kliniken aus der Gesundheitsbehörde in den Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK). Weil aber jenseits der Kliniken noch hoheitliche Aufgaben zu lösen blieben, wurde die Abteilung Sozial- und Gesundheitsplanung gegründet. Der damalige Gesundheitsstaatsrat Friedel Gütt sprach Lohmann an. Der sagte zu. Selbstständig, dachte er, könnte er sich ja auch später noch machen.„Da sind viele Ideen entstanden, die wir später erst umgesetzt haben“, erzählt er rückblickend. „Ich habe schon damals gedacht, dass wir die Trennung zwischen dem horizontalen Patienten, der im Krankenhausbett liegt, und dem vertikalen Kranken, der zur ambulanten Versorgung kommt, in eine diagonale Lösung führen müssten.“ In der Planungsabteilung lief es dank ausreichender Visionen so gut, dass Lohmann 1992 in den Vorstand des – noch immer schwer kränkelnden – LBK Hamburg wechselte. Die Hamburger Kliniken waren damals unter den teuersten der Republik. Fünf Jahre später wurde Lohmann Vorstandssprecher. Doch da hatte er wichtige Weichenstellungen für ein radikales Sanierungsprogramm schon vorbereitet: Das kommunale Klinikunternehmen führte als erstes in Deutschland flächendeckend DRG-Abrechnungspauschalen ein. Während auf politischer Ebene und bei den Krankenkassen diskutiert wurde, wie man unter dem Kostendruck möglichst schmerzarm die Leistungen senken könnte, zum Beispiel bei Medikamenten, propagierte Lohmann mehr Produktivität in den Kliniken. „Es ist wie bei der ersten industriellen Revolution – allerdings mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts. Man muss heute nicht am Band eine standardisierte ,Tin Lizzy‘ nach der anderen produzieren wie Ford seit 1908, sondern differenzierte Produkte und Dienstleistungen herstellen.“ Flughäfen seien gute Muster für Krankenhäuser. „Das Flugzeug ist am teuersten, wenn es am Boden steht. Ein Operationssaal ist am teuersten, wenn er nicht genutzt wird.“ Lohmann privatisierte die Altersversorgung der Krankenhausmitarbeiter, deren Finanzierung die Kliniken wie eine finanzielle Garrotte zu erdrücken drohte, er lagerte Serviceleistungen aus und ging eloquent über Bedenken von Gewerkschaftern und Ärztevertretern hinweg. So richtig traute sich niemand, ihn offen wegen seines Sanierungskurses anzugreifen, denn tatsächlich sanken die Defizite. Lohmann liebt es, seine Visionen und den Wandel in der Gesundheitswirtschaft mit der Herstellung ganz normaler Alltagsprodukte zu beschreiben. So wettert er seit Jahren gegen Budgets in Klinik und Praxis mit Hinweis auf das Münchner Hofbräuhaus: „Gäbe es dort Budgets, müsste man vor dem Ansturm der Japaner schließen.“
Vom Manager zum BeraterOrganisieren, strukturieren, Marken entwickeln, Arbeitsteilung, Systempartnerschaften – das sind Bausteine auf dem Weg zur Produktivität, die Lohmann beizeiten bemühte, um das schwerfällige Schlachtschiff LBK auf Kurs zu bringen. Als die Freie und Hansestadt Hamburg den Verkauf des Klinikkonzerns mit seinen sieben Häusern beschloss, war für Lohmann der Zeitpunkt gekommen, seinen Traum von der Selbstständigkeit zu verwirklichen. Schon bei der letzten Vertragsverlängerung hatte sich der Vorstandssprecher die Option in den Vertrag schreiben lassen. Er machte sich als Berater in der Gesundheitswirtschaft selbstständig und veranstaltet darüber hinaus gemeinsam mit dem ehemaligen Berliner Gesundheitssenator Ulf Fink eine Reihe von Kongressen zum Thema Gesundheitswirtschaft. Die Tagungen gelten als Branchentreffen, sei es der Hauptstadtkongress in Berlin, seien es die Experten, die in Hamburg beim Gesundheitswirtschaftskongress die Zukunft diskutieren – in diesem Jahr nun zum vierten Mal.Dieses Mal applaudierten die Freunde, als Lohmann seinen Wechsel in die freie Wirtschaft Richtung Gesundheit ankündigte: „Gesundheitswirtschaft – das ist die Zukunftsbranche.“ Für die eigene Zukunft als Berater brachte Lohmann neben seinem Ideenreservoir und der Erfahrung ein unvergleichliches Netzwerk von Kontakten mit, darunter zahlreiche ehemalige Führungskräfte aus dem LBK. Die Kongresse und der Vorsitz in der Initiative Gesundheitswirtschaft e.V. tragen dazu bei, das Netzwerk weiter und dichter zu weben. Auch in Österreich ist Lohmanns Beratungsunternehmen inzwischen aktiv, und die Österreicher werden auf dem Hamburger Kongress gut vertreten sein. Über die Beratungstätigkeiten hinaus strebt Lohmann derweil auch Beteiligungen an Start-ups in der Gesundheitswirtschaft an. „Wir sind keine Finanziers, sondern Kompetenzinvestoren.“ Wer vor dem Hintergrund dieser Karriere glaubt, Lohmann habe sich treiben lassen, irrt. Er ist ebenso zielstrebig wie weitblickend. „Die Zukunft wird heute entschieden“, sagt er und schmiedet eigentlich unentwegt Pläne und Konzepte. Zukunft – das ist für Lohmann ein Leitmotiv. Er sprudelt über vor Visionen. Das Geld, sagt er, muss man heute verdienen, aber das Morgen im Blick behalten und die heutigen Entscheidungen davon ableiten. So hat er heute schon das Krankenhaus der Zukunft im Blick, das ein komplettes Gesundheitszentrum sein soll, vom Klinikbett bis zur Reha.
Lohmann sammelt Kunst und KünstlerWenn man sich mit Heinz Lohmann in seinen Geschäfts- oder Privaträumen unterhält, ist die Kunst nicht weit. Ein rätselhaftes Bild, ein minimalistisches Gemälde, und irgendwo blinkt immer irgendetwas – sei es, dass man einer verdrahteten Installation von Klaus Geldmacher gegenübersitzt oder auf eine Komposition mit Leuchtdioden von Francesco Mariotti blickt. Lohmann und seine Frau Ulla sind Kunstsammler. „Das heißt, eigentlich sammeln wir Künstler – und das seit 40 Jahren.“ Mit vielen dieser Künstler verbindet die Lohmanns eine Freundschaft. Daraus ist eine umfangreiche Sammlung entstanden, aber keine herkömmliche Kollektion von Gegenwartskunst. Die Lohmanns sammeln nicht auf Repräsentation, die Bestände sind vielmehr ein Porträt der Sammler, ihrer Interessen und Vorlieben – und ihrer Freundschaften mit Künstlern. Auch diese sind Visionäre. Viele Aspekte zeigt das Sammlerpaar in der eigenen kleinen Galerie auf der Hamburger Uhlenhorst. Hier empfangen die Lohmanns andere Kunstfreunde, präsentieren stolz, was sie an neuen Talenten und Strömungen entdeckt haben und was sie schon über Jahre verfolgen. Die Ausstellungsräume sind eigentlich eine kleine Wohnung, die immer wieder auch den Künstlern als Unterkunft dient. Die Lohmanns sind Sammler aus Leidenschaft, nicht aus Gründen der Repräsentation und Eitelkeit. „Wir haben nicht das Ziel, die Arbeiten geschlossen zu erhalten.“ Kunst als Inspiration, als Kraftwerk für den Alltag.
Journalismus als LeidenschaftDie Selbstständigkeit ist geschafft. Ein Punkt blieb noch offen: der Journalismus. Aber auch das hat Lohmann hingekriegt. Im Rahmen der Kongresse begann er, Unternehmer zu interviewen. Nicht um deren Leistungen abzufragen, sondern um zu erfahren, warum sie tun, was sie tun, was sie geprägt hat. Das fand so großes Interesse, dass Lohmanns Moderationen seit drei Jahren ein Mal im Monat beim Sender „Hamburg 1“ unter dem Titel „Mensch Wirtschaft!“ ausgestrahlt werden.Berater, Moderator, Kunstsammler – ein zeitraubendes Programm, das den agilen Streiter für den von staatlicher Reglementierung befreiten Wettbewerb auf dem Gesundheitssektor offenbar noch nicht erschöpft. So erfüllt Lohmann seit zehn Jahren auch noch einen Lehrauftrag an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, wo er in einem praxisnahen Programm den Nachwuchs für die Branche schult. Die Unternehmen sehen es gern und bringen unterdessen zu den Firmenbesuchen der Studiosi schon gern einmal die eigenen Personalberater mit, die den Jungakademikern nicht nur den Geschäftsalltag, sondern auch die Vorzüge der Unternehmen für die Mitarbeiter nahebringen, erzählt Lohmann. Und dann wartet im Vorzimmer schon der nächste Besucher. Ein Krankenhauschef. |
Die GesundheitsWirtschaft, Heft 4/08 |
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Mut zur Veränderung, Essay von Bernhard Fischer-AppeltHeinz Lohmann im Vorstand des Krankenhausunternehmens LBK Hamburg tritt Mitte der 90er Jahre mit der Vision an, mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen zuzulassen und das Gesundheitssystem zu einer Gesundheitswirtschaft zu entwickeln. Er nimmt damit eine Entwicklung vorweg, die Jahre später immer mehr zur Realität werden wird. Damals muss er die Menschen in den Krankenhäusern, die Ärzte, das Pflegepersonal, aber auch Politiker von seiner Idee überzeugen, in einer Vielzahl von aufreibenden Auseinandersetzungen und Diskussionen. Es gelingt ihm, denn der LBK wagt als eines der ersten Krankenhausunternehmen Deutschlands den Aufbruch. Eine Entwicklung, die viele Jahre in Anspruch nimmt, die Lohmann anführt und immer wieder mit intensiven Gesprächen begleitet, um die Betroffenen von der Richtigkeit des Weges und von den nächsten notwendigen Schritten zu überzeugen. Den Kerngedanken, Menschen durch hervorragende Medizin zu helfen, lässt er dabei niemals außer Acht, sondern stellt ihn auf neue Beine, um ihn für die Zukunft zu sichern. Doch Lohmann ist nicht nur für Visionen zuständig, sondern als Entscheider vor allem auch für deren Umsetzung verantwortlich. Als Chef muss er in den Phasen des Auf- und Umbruchs die manchmal bitteren Wahrheiten verkünden, Personal abbauen und Maßnahmen wie die Schließung des Hafenkrankenhauses durch- und umsetzen. Überzeugen, vergewissern und aktivieren - für eine moderne Gesundheitswirtschaft mit dem Focus auf Qualität. |
Bernhard Fischer-Appelt |
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Der Visionär
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kma, Das Magazin für Gesundheitswirtschaft |
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Dramaturgie des
Sparens
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Welt am Sonntag Hamburg, 22.08.2004 |
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Kunst ist ein saures
Geschäft
„Meine Eltern hatten zwei Bilder von
einem Maler namens Schmidt. Der klebte bei uns auch die Tapeten an die Wände",
erinnert sich Professor Heinz Lohmann (55). Der Schalk sitzt ihm immer im
Nacken. „Bei mir aber ist Kunst eine Passion geworden, die weit
über's Hobby hinaus geht. Gott sei Dank geht es meiner Frau
genauso. Alles andere wäre undenkbar.""
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Schümann´s Hamburger, 10.02.2004 |
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Zwei Seelen im Gesicht - PortraitICH HASSE, steht da geschrieben. In großen, roten Buchstaben, mitten auf dem Badezimmerspiegel. Heinz Lohmann lächelt. Der rechte Mundwinkel hebt sich, der linke fällt. Der Mund wird zu einem schmalen S, mehr noch als auf dem Foto rechts. Decken Sie doch mal ein Blatt Papier über eine Gesichtshälfte. Lohmann hat zwei Gesichter in einem: links ist Freude, Wärme; rechts, wo der Finger liegt, Mühe und Härte. ICH LIEBE, steht natürlich auch auf dem Spiegel. „Ich schwanke zwischen beiden Polen", sagt Lohmann, „zwischen Schmusekurs und Schmirgelpapier". Er zeigt seine Wohnung. Drei Zimmer, Küche, Bad, Parkett, Raufaser, ein Sofa, zwei Tische, sechs Stühle, alles schlicht, alles unwichtig. Was hier zählt, sind die Gemälde, die Lichtwürfel und Siebdrucke; das gerahmte, blinzelnde Auge, die bunten Glühbirnen, gegossen in Beton, der kleine VW-Käfer, gefüllt mit Hirsekörnern. Kunst ist sein Leben, junge Kunst. „Das Moderne ist das Interessante." Heinz Lohmann ist einer der Modernen in Deutschlands Gesundheitswirtschaft - und einer der Wichtigen. Er führt den LBK in Hamburg. Als er in den Vorstand aufstieg, war der Betrieb fast Pleite; heute ist der LBK mit sieben Kliniken, 12 600 Mitarbeitern und 750 Mio. € Umsatz einer der größten Gesundheitskonzerne Europas. „Toll, was er geschafft hat", sagt selbst Frank Ulrich Montgomery, Chef des Ärzteverbands Marburger Bund, und er ist nicht gerade Lohmanns Freund: „Der LBK behandelt Ärzte wie Putzlappen." Als Lohmann den Vorwurf hört, rührt er keinen Gesichtsmuskel. „Ach, das ist Interessenmanagement. Die Ärzte fürchten um Macht und Geld." Angst können sie auch haben, vor Lohmann, „diesem schwierigen Menschen", wie Montgomery sagt. Immer wieder fordert der LBK-Chef sie heraus. An Himmelfahrt hielt er einen Vortrag vor 90 Chefärzten. Er legte eine Folie auf: „Wie sieht der Chefarzt in zehn Jahren aus?" Pause. Nächste Folie: „Es gibt ihn nicht mehr." Gelacht hat nur einer. „Das war witzig." Und wahr. Vorbei sei die Zeit der Chefärzte, die zugleich Manager und Mediziner sind. Sie sollen das Managen den Experten überlassen. In vielem schreitet Lohmann voran. Die Politik führt die Bezahlung per Fallpauschalen ein? Der LBK rechnet so seit sieben Jahren ab. Der Europäische Gerichtshof entscheidet, dass Bereitschaftsdienste Arbeitszeit sind? Der LBK hat schon eine Lösung erprobt - als Einziger in Deutschland, lobt der Marburger Bund. Im Krankenhaus Altona können Ärzte wählen: Wollen sie 48 Stunden in der Woche arbeiten und Zulagen kassieren oder reichen ihnen 38,5 Stunden. Nun gibt es keine Doppelschichten mehr. Sechs Ärzte hat das Krankenhaus eingestellt - mit dem Geld, das es bei den Zulagen spart. Die anderen Häuser werden das Modell übernehmen. „Es war Lohmanns Idee", sagt Robert Pfeiffer, Chef von KLINOVA, der Sparte, die den LBK-Umbau vorantreibt. „Er sagte: ,Ich will fitte Ärzte!'" Nur so werde der LBK auch fit für den Wettbewerb. Wettbewerb ist. Lohmanns Lieblingswort. Er will sich messen, gewinnen. Die Politik solle Kliniken zwingen, „Leistungsdaten offen zu legen", fordert er. Die Schlechten würden bestraft. „Die Menschen gehen sicher nicht in ein Krankenhaus, wo die Sterblichkeit bei einer Operation höher ist." Sie werden zum LBK gehen, hofft er. „Wir werden gut sein und günstig." Das Rennen dahin hat schon begonnen. „Es geht bei ihm zack, zack, zack", sagt Robert Pfeiffer. So schnell, dass sich Katharina Ries-Heidtke, die Chefin des Personalrats, manchmal fragt: „Wo ist der denn jetzt? Seine Gedanken machen sich selbstständig." - Das passiert auch, wenn Lohmann die Kunst in seiner Wohnung präsentiert. Nach links und rechts springt er, ein kleiner Mann, er fegt durch Flur, Schlafzimmer, Bad, er redet und redet, quetscht dabei die Worte durch den Mund. Er erzählt von János Nádasdy, der sich im LBK Herzoperationen anschaute, bevor er den Herz-Lungen-Maschinisten malte. - „Danach brauchte er einen Schnaps." Und er zeigt an die Decke, wo in der Ecke blaue, rote, grüne Knuddeln kleben, gedreht aus Kartoffelsäcken, Tomatennetzen. Wie Efeu sieht's aus. „Man hat das Gefühl, es wächst. Wenn Handwerker hier sind, tuscheln sie: ,Die haben doch einen an der Waffel.'" So plaudert er sich von Werk zu Werk, und irgendwann beginnt er, wie es seine Art ist, „durch Formulieren Ideen zu entwickeln". Die Gedanken geraten außer Kontrolle, münden in Sätze wie diesen: „Ich beschäftige mich mit Gegenwartskünstlern, weil ich davon überzeugt bin, dass dieses - auch wenn man abends im Atelier ist - dass dieses Rausgehen aus der Spur, also die Welt mit Menschen zu diskutieren, die andere Probleme haben, die zunächst einmal andere Sichtweisen haben, dass das außerordentlich wichtig ist, weil das relativiert das, worin man selber drin steckt." Und will man ein Wörtchen zwischenschieben, so spricht er einfach weiter, umzingelt einen mit Silben und schlägt mit der Zunge alles nieder, was sich seinem Gedankenfeldzug in den Weg stellt. „Es ist nicht leicht, mir zu widersprechen", sagt Lohmann. Frank Ulrich Montgomery vom Marburger Bund nennt das „napoleonischen Führungsstil". Der LBK-Chef befrage die Chefärzte nicht genug, höre ihnen nicht zu. „Sicher tritt er gegen über den Ärzten klar und bestimmend auf, sagt Personalrätin Ries-Heidtke. „Aber das hat seine Berechtigung. Viele Ärzte halten sich für etwas Besseres, widersetzen sich dem Umbau." Und der ist nötig. Lohmann will die Mehrheit am LBK verkaufen. Er braucht Geld. Pensionsaltlasten bedrohen den Konzern. „Wenn wir Kapital kriegen, haben wir die Chance, in den Himmel zu kommen, ein Player zu werden in Nordeuropa. Aber ohne dieses Kapital geraten wir in den Schlund." Investoren kann er einiges vorzeigen: Er hat 3500 Stellen abgebaut, und zwar so, dass Hamburgs Verdi-Chef, Wolfgang Rose ihm „ein gutes Zeugnis" ausstellt. Lohmann hat Küche und Wäscherei ausgelagert, das IT-System vernetzt, den Einkauf gebündelt. „Da war der LBK in Deutschland wegweisend", sagt Ralf Gieseke, Geschäftsführer von Medtranet, einer IT- Tochter von Fresenius. Ein Viertel der Kosten hat Lohmann gekappt. Jetzt soll die Produktivität wachsen. „Wir müssen schneller laufen, auch die Ärzte. Aber manche stehen auf der Bremse. Das macht mich bockig." Packt ihn die Wut, und sie packt ihn regelmäßig, wird sein Gesicht bleich, der Mund schmal und die Sprache knapp. „Dann macht man besser eine Gesprächspause", sagt Verdi-Chef Rose. „Aber er ist nicht nachtragend." Und so lädt Lohmann Gegner auch mal in seine Galerie ein, steht an der Tür, nimmt die Mäntel ab, reicht Sekt und Programm. Er führt die Galerie, C15, zusammen mit seiner Frau Ulla. CI5 ist eigentlich eine kleine Wohnung. Künstler wohnen, arbeiten dort. „Ulla und Heinz leben alleine. Die Künstler sind ihre Kinder" , sagt die Malerin Barbara Kathrin Möbius. Heute stellt Sascha Kürschner aus, den Lohmann in Kreuzberg, „im zweiten Hinterhof, Aufgang neun aufgegabelt hat". 35 Leute sind gekommen, Manager, Ärzte, Schriftsteller, Nachbarn; Lohmann umschwirrt sie, parlierend, erklärend, Küsschen hier, Küsschen da. „Er hat den Zwang und die Lust, Leute um sich zu scharen", sagt KLINOVA-Chef Pfeiffer. Lohmann sei ein Ideenhändler. Er sammelt sie in den Gesprächen, rüttelt sie in seinem Kopf einmal tüchtig durch und gibt sie weiter, an seine Mitarbeiter, auf winzigen Zetteln des Blocks, den er in seiner Brusttasche herumträgt. „Manchmal ruft er auch nachts an, spricht auf den Anrufbeantworter, Wichtiges, mindestens so wichtig wie die deutsch-türkische Gesundheitskonferenz, von der Lohmann um 23.30 Uhr einem Mann erzählt, der sich lieber mit dem Cabernet Sauvignon beschäftigen würde. Dabei hat Lohmanns Gesicht etwas Angestrengtes", wie die Künstlerin Claudia Liekam sagt. Sie kennt sein Gesicht. Sie hat es auf einen Scanner gelegt, „fünf Minuten aufs Glas gequetscht", und daraus ein Bild geschaffen, 2,40 mal 3,40 Meter. „Mein Gott, habe ich gedacht. Wenn ich ihm das zeigte. Es ist ja nicht schmeichelhaft, man sieht jede Pore, jede Bartstoppel." Aber ein Gönner schimpft nicht, er hilft. ,,1000 Einladungen haben wir in Briefumschläge gesteckt, zu viert. Heinz hat die ganze Zeit versucht, eine Strategie zu finden, wie er es schneller machen könnte, optimieren. Dabei ist er fast verrückt geworden. Ulla und ich haben nur noch gelästert und gelacht. Optimieren!!!" Zurzeit optimiert Lohmann den Ausstieg aus dem Budgetsystem. „Bekäme das Hofbräuhaus feste Budgets, müsste es alle Japaner vergraulen, damit die bloß nicht morgens um zehn Uhr Maßbier trinken. Genau so sind Krankenhäuser organisiert. Ihnen geht's am besten, wenn sie keine Patienten haben." Der LBK hat begonnen, Verträge mit Krankenkassen zu schließen. Sie legen fest, wann der Patient operiert und entlassen wird. „Keiner soll zwei Tage länger bleiben, weil die Sekretärin gerade keinen Arztbrief schreiben kann" Und lenkt eine Kasse mehr als die vereinbarten 100 Patienten in LBK-Kliniken, gibt's Rabatt. Sicher, es ist nur ein Anfang. Auch im LBK seien Patienten noch unzufrieden. Aber die Pilotprojekte machen Mut, auch den Investoren. Und bringt der Käufer einen Chef mit, „erschreckt mich das gar nicht. Da liegen ein Haufen Ideen auf dem Stapel, von Leuten, die mich gefragt haben: Lass uns doch dies oder das machen." Einmal war er dicht davor anzunehmen. Staatssekretär sollte er werden, in Thüringen. „Ich bin zur Entscheidung hingefahren. Auf einem Bahnhof musste ich umsteigen. Ich bin durch einen Tunnel gegangen, es war trübe. Und da war ein Plakat: Besuchen Sie die Hamburger Kunsthalle. Da hab ich Zweifel gekriegt, ob ich in die richtige Richtung gehe." |
Financial Times Deutschland, 15.09.2003 von Lorenz Wagner |
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Zur PersonDr. Konrad Rippmann ist gelernter Chirurg, heute heilt er als Berater chronische Krankheiten von Unternehmen. Für das Hamburger Unternehmen LOHMANN konzept berät er heute u. a. Kliniken und Arztpraxen in Strategie- und Prozessoptimierung und trifft dabei auf ehemalige Kollegen. Nach 15 Jahren in der Patientenversorgung lernte er im Ausland, dass zu einem funktionierenden Gesundheitssystem neben einer exzellenten Medizin auch eine Kosten-Nutzen-Abwägung gehört. Diese Erkenntnis vertiefte er in Weiterbildung zur Betriebswirtschaft und Psychologie, um diese im damaligen Hamburger Landesbetrieb Krankenhäuser nicht länger als Arzt, sondern als Manager anzuwenden. Später war er in wechselnden Positionen und bei verschiedenen Firmen, blieb dem Thema aber treu. Bei manchen Kollegen spürt er noch heute ein Grundmisstrauen gegen das Management, beobachtet in der jüngeren Generation aber ein anderes Verständnis und eine höhere Aufgeschlossenheit für Kosten-Nutzen-Überlegungen. Er ist überzeugt, sich damals richtig entschieden zu haben, auch wenn er die Patientenversorgung noch ein paar Jahre lang vermisst hat. „Die Arbeit als Chirurg war befriedigend, weil man oft sofort den Erfolg sehen konnte. Bei meiner jetzigen Tätigkeit brauche ich mehr Geduld“, sagt Rippmann. Tauschen möchte er mit seinen früheren Kollegen nicht mehr. „Dafür ist es zu spannend, an der dynamischen Weiterentwicklung des Systems teilzuhaben.“ |
scio. Magazin rund um das ärztliche Leben, Ausgabe II / MMX |